Biennale für Freiburg 3HAPPY PLACE5. Juni bis 27. Juli 2025
„Prora. A complex destination“
IRENE DE ANDRÉS
5. Juni – 27. Juli 2025, Di–So 10–17 Uhr, Do 10–19 Uhr

„Prora. A complex destination“ ist ein Dokumentarfilm, der die Geschichte und Entwicklung eines der monumentalsten und zugleich umstrittensten Ferienkomplexe Europas untersucht. Auf der Insel Rügen in der Ostsee vor der nordöstlichen Küste Deutschlands gelegen, wurde Prora vom NS-Regime als gigantisches Seebad konzipiert. Der sogenannte „Koloss von Prora“ erstreckt sich über beeindruckende 4,7 Kilometer entlang der Küste und war darauf ausgelegt, 20.000 Gäste gleichzeitig unterzubringen. Die Zimmer waren alle mit Meerblick ausgestattet und es gab Gemeinschaftsverpflegung sowie Freizeiteinrichtungen. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde der Bau des Hotels abrupt gestoppt – nur ein Jahr vor der geplanten Eröffnung.
Nach dem Krieg diente der Komplex verschiedenen Zwecken: Er wurde als Militärkaserne für die Streitkräfte der DDR, als Jugendherberge und als Lagerraum genutzt. Seine ursprüngliche Funktion erfüllte er jedoch nie. In jüngerer Zeit erfolgten umfangreiche Restaurierungs- und Umbaumaßnahmen an der Anlage. Private Investor*innen begannen mit der Restaurierung und Umnutzung der monumentalen Gebäude, die nun als moderne Luxuswohnungen, Hotels und kulturelle Einrichtungen dienen. Die Anlage, die einst als Instrument staatlicher ideologischer Kontrolle zur disziplinierten Freizeitgestaltung treuer Bürger*innen des NS-Regimes gedacht war, richtet sich nun an ein weltweites Publikum aus Urlaubsgäst*innen und Investor*innen – unabhängig von ideologischer Zugehörigkeit und unter Ausblendung des politischen Erbes, allein verbunden durch das nötige Kapital für den Blick aufs Meer.
Irene de Andrés (sie/ihr) beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit dem Bedeutungswandel von Erholung und Freizeit innerhalb der Arbeiter*innenklasse. Im 18. Jahrhundert wurde das Meer als Urlaubsziel zunehmend attraktiv, und der moderne Tourismus begann sich in einem Kontext zu entwickeln, in dem einige Regierungen erstmals bezahlten Urlaub für Arbeiter*innen einführten. Als Reaktion auf diesen Wandel entstanden spezifische Architekturen und Infrastrukturen wie Badeanstalten und Kreuzfahrtschiffe, die in der künstlerischen Praxis von de Andrés eine zentrale Rolle einnehmen. Diese Orte bilden die Kulisse für ihre Filme, Skulpturen und Grafiken, in denen Reisen durch die Zeit und über verschiedene Gewässer unternommen werden. Dabei verknüpft die Künstlerin historische Ereignisse miteinander und regt uns dazu an, über Tourismus als Konsummodell, das Konzept des Reisens und unser Verhältnis zu dem, was wir Landschaft nennen, nachzudenken.
Irene de Andrés lebt und arbeitet in Madrid.
Kamera, Musik und Sounddesign: Javi Álvarez
„Prora. A complex destination“, 2021, 63:00 min
